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UAW: Elon Musk kämpft mit einem Buchhalter


Bis vor Kurzem kannte Shawn Fain kaum jemand. Selbst vielen der 400.000 Mitglieder der United Auto Workers (UAW) war er kein Begriff. Die Wahl zum Chef der Gewerkschaft im vergangenen Jahr hat Fain nur ganz knapp gewonnen. Doch nun wirbt sogar Präsident Joe Biden um die Gunst des Mittfünfzigers.

Fain, der mit kurz geschorenen Haarkranz und einer Fünfzigerjahre-Brille eher aussieht wie ein Buchhalter, hat seiner Gewerkschaft zu einem historischen Erfolg verholfen. Nach einem sechswöchigen Streik, an dem 45.000 Beschäftigte teilnahmen, hat die UAW sich mit den drei großen Detroiter Autoherstellern General Motors, Ford und Stellantis, dem Mutterkonzern von Chrysler, geeinigt. Die Abschlüsse müssen zwar noch von den Mitgliedern per Abstimmung abgesegnet werden. Doch das dürfte nur noch eine Formalie sein. Die von Fain und seiner Führungsriege ausgehandelten Tarifverträge sind die lukrativsten seit den Sechzigerjahren.

Dazu gehören Lohnerhöhungen von 25 Prozent über die nächsten viereinhalb Jahre. Das ist deutlich weniger als ursprünglich gefordert, aber mehr als die gesamten Erhöhungen, die die Beschäftigten in der Branche über die letzten 22 Jahren erstritten haben. Dazu Job- und Standortgarantien der Konzerne. Stellantis erklärte sich sogar bereit, ein bereits geschlossenes Werk in Illinois wieder in Betrieb zu nehmen – ein extrem seltenes Zugeständnis eines Unternehmens.

Als Nächstes will sich Fain Tesla, den am Börsenwert gemessen wertvollsten Autokonzern, und den CEO und Multimilliardär Elon Musk vornehmen, bekannt für seine Abneigung gegen Arbeitnehmerorganisationen. In einer früheren Rede zielte er offensichtlich auf Musk ab: "Man hat das Gefühl, dass wir uns so weit zurückentwickelt haben, dass wir kämpfen müssen, nur um die 40-Stunden-Woche wieder einzuführen. Warum ist das so? Nur damit irgendein Arschloch genug Geld verdienen kann, um sich auf den Mond zu schießen?" Eine Anspielung auf Musks Weltraumpläne.

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Für beide steht viel auf dem Spiel. Fain muss sicherstellen, dass seine 88 Jahre alte Gewerkschaft im Zeitalter der E-Mobilität relevant bleibt und nicht mit dem Ende der Verbrennertechnologie ebenfalls Geschichte wird. Für Musk hängt vom Ausgang dieser Auseinandersetzung ab, wie die Zukunft von Tesla aussieht. Musk verfügt über nahezu unerschöpfliche Ressourcen und scheut keine negativen Schlagzeilen. Auf bisherige Versuche, Tesla-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen gewerkschaftlich zu organisieren, hat Musk aggressiv reagiert. Als etwa Jose Moran, ein Mitarbeiter der ersten Tesla-Fabrik im kalifornischen Fremont, versuchte, seine Kollegen zum Eintritt in die UAW zu bewegen, griff ihn Musk persönlich auf X, damals noch Twitter, an. In einem Beitrag für Medium hatte Moran sich 2017 über extreme Überstunden, häufige Verletzungen und schlechte Bezahlung beklagt.

Musk nannte Morans Vorstoß "moralisch empörend" und unterstellte, er sei dafür von der UAW bezahlt worden. Moran wehrte sich gegen die Anschuldigungen. Im März dieses Jahres verloren Tesla und Musk ein Verfahren. Dabei ging es um den Rauswurf eines Kollegen von Moran, der ebenfalls an dem Versuch beteiligt war, Tesla gewerkschaftlich zu organisieren. Tesla hat Berufung angekündigt.

Und im Februar entließ Tesla mindestens 18 Beschäftigte im Anschluss an eine Organisierungskampagne in einem Werk in Buffalo im US-Bundesstaat New York. Workers United, die Gewerkschaft, die sie vertreten wollte, bezeichnete die Entlassungen als Vergeltungsmaßnahmen und reichte Klage bei der Arbeitsbehörde ein. Tesla erklärte, die Entlassungen seien das Ergebnis einer halbjährlichen Leistungsüberprüfung gewesen und die Entscheidungen seien getroffen worden, bevor die Kampagne der Gewerkschaft publik geworden sei. Der Fall ist noch anhängig.

Für Tesla ginge ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil verloren, sollte es der UAW gelingen, die Fabriken des Elektroautomarktführers zu erobern. Tesla-Beschäftigte in den USA verdienen etwa 45 Dollar pro Stunde inklusive Sozialleistungen, während die von der UAW vertretenen Beschäftigten bei den Detroiter Big Three etwa 64 bis 67 Dollar pro Stunde erhalten. Musk ist mit der Strategie nicht allein: Toyota, aber auch Daimler und BMW wählten für ihre Fabriken gezielt Standorte, wo die UAW bislang keine Chance hatte, die Belegschaft zu organisieren.

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Author: Brooke Oconnell

Last Updated: 1702216322

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