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Die Vikings 4x07


König Ecbert (Linus Roache) arbeitet in England daran, einen Plan zu fassen, um sich die Krone von Mercia zu sichern. Dabei tut sich ihm eine Möglichkeit auf, mit der er wohl niemals gerechnet hätte. Unterdessen greift eine Masse an Wikinger Rollos (Clive Standen) Verteidigung vor den Toren Paris' an. Es kommt zum großen Kampf zwischen Nord- und Franzmänner, der ein blutiges Ende nimmt, während Ragnar (Travis) mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen hat. In der Zwischenzeit kehrt der mysteriöse Wanderer Harbard (Kevin Durand) nach Kattegat zurück und löst einen Aufruhr unter den Frauen aus.

The Profit and the Loss präsentiert uns zunächst einen beeindruckenden Misserfolg der Wikinger in ihren Bestrebungen Paris anzugreifen, während die zweite Hälfte der Episode viele Fragen aufwirft. Wohin führt die Reise für Ragnar und Co auf der Zielgeraden der ersten Hälfte von Staffel 4?

Letzte Woche erhielten wir als Zuschauer im Rahmen der Episode What Might Have Been noch einen hervorragenden Einblick in Ragnars (Travis Fimmel) derzeitiges seelisches Innenleben, wie er tagtäglich mit der großen Verantwortung für seine Wikinger kämpft und dabei immer mehr an seiner geistigen Stabilität einbüßt. Doch nicht nur die gewaltige Last auf seinen Schultern hat Einfluss auf ihn, auch die ungesunde Abhängigkeit zu Yidus (Dianne Doan) „Medizin“, von der Ragnar sich eine Art Linderung seiner (psychologischen) Schmerzen verspricht, hat ihren Preis. Dies zeigt sich nun besonders in der neuen Episode The Profit and the Loss, in der unser Protagonist einen folgenschweren Fehler begeht, den er vor einiger Zeit so wahrscheinlich nicht gemacht hätte.

Nach einer kurzen Besprechung des Kriegsrates steht der Plan der Wikinger bezüglich ihrem Angriff auf Paris auch schon fest: Von einer demokratischen Absprache kann hier aber natürlich keine Rede sein, Ragnar legt die Taktik fest und gibt zum Besten, wie er gedenkt, sich der beiden Befestigungsanlagen der Franken am Flussufer zu entledigen. Während die Boote einfach normal dem Flussverlauf folgen sollen, schafft ein Angriff über den Landweg eine Ablenkung, um das gesamte Vorhaben zu erleichtern. Sichtlich aufgekratzt und fast schon unmenschlich schnell sowie abgehackt redend lässt Ragnar, dessen rot unterlaufener Mund nur noch zu seinem manischen Anblick beiträgt, nichts auf diesen Schlachtplan kommen.

Objections?

Während Harald (Peter Franzen) und sein Bruder Halfdan (Jasper Paakkonen) den Kampf kaum abwarten können und ihnen die Ehre zuteil wird, die Speerspitze der Wikingerflotte zu bilden, sorgt sich Ragnar indes um Lagertha (Katheryn Winnick), die trotz ihrer Schwangerschaft den Angriff zu Lande anführen wird. Die stolze Wikingerbraut lässt sich aber wie gewohnt nichts sagen und bleibt bei ihrem Entschluss. Es ist nicht Ragnars Aufgabe, sich über ihr Wohl und Wehe den Kopf zu zerbrechen. Doch dessen Kontrollwahn, der mitunter selbstzerstörerische Züge annehmen kann, macht es Ragnar unmöglich, in dieser Angelegenheit die Füße still zu halten. Lagertha folgt jedoch ihrem eigenen Schicksal, selbst wenn dies unschöne Folgen nach sich ziehen könnte. Ein bisschen legt sie es gar darauf an, um dem Seher und seinen Prophezeiungen Lügen zu strafen, sie werde nie wieder ein Kind zur Welt bringen.


© IMAGO

Travis Fimmel und Dianne Doan in %26bdquo;The Profit and the Loss%26ldquo; © History

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Doing the obvious

Das Wunderbare an „The Profit and the Loss“ ist dann, dass es ohne längeres Zögern sofort auch mit dem Angriff der Wikinger losgeht und die wummernde musikalische Untermalung den Puls in die Höhe schnellen lässt. In dieser Hinsicht macht man dem Historiendrama wie immer nichts vor, Vikings schafft es immer wieder hervorragend, ohne unnötige Umwege zum Punkt zu kommen und die Zuschauer dadurch sofort mitreißen zu können. So auch in dieser Episode, deren erste Hälfte ein höllisches Spektakel darstellt, das man gebannt mitverfolgt und in der sich die Ereignisse sekündlich überschlagen.

Wir sehen nämlich, wie die Wikinger eine fatale Niederlage auf allen Ebenen hinnehmen müssen und von Ex-Beserker Rollo (Clive Standen) eine taktische Lehrstunde erteilt bekommen. Dermaßen clever agierend hat man bis dato wohl nur wenige Widersacher der Nordmänner gesehen, die unter Anleitung Ragnars zugegeben hier und da etwas naiv in ihr Verderben rennen. Doch dies ist der bereits erwähnte Preis, den Ragnar nun für seine aktuelle Instabilität und das für ihn ungewohnte Vorpreschen zahlen muss.

The space between life and death

Sein Bruder Rollo, in einer herrlichen Rüstung gekleidet, avanciert hier zum Meisterstrategen und dreht somit die Rollenverteilung um: Eigentlich war Ragnar stets für seine taktischen Überlegungen bekannt, vor einem Angriff die Situation richtig einzuschätzen, während Rollo der Mann fürs Grobe war. Nun präsentiert sich Letzterer in der Rolle des fränkischen Oberfehlshabers als Feldherr mit kühlen Kopf, dem man fast schon etwas Mitleid mit seinen einstigen Kampfesbrüdern und -schwestern ansehen kann, weiß er doch, dass diese geradewegs in ihren Tod segeln. Mit welcher Kühle und Beherrschtheit Rollo Kommandos verteilt und auf sämtliche Eventualitäten vorbereitet ist, ist beeindruckend. So sehr sogar, dass manch ein Zuschauer gedanklich wohl kurz die Seiten wechselt und nach der erfolgreichen Abwehr der Wikinger die Faust für Rollo und seine Mannen ballt.

Im perfekten Moment saust die gusseiserne Kette empor (Game of Thrones dit it first...) und versperrt den Schiffen der Nordmänner den Weg. Was folgt ist eine Massenkarambolage, Boote kentern und fangen aufgrund von zuvor verschossenen Ölgefäßen Feuer, Wikingerkrieger werden abgeschlachtet und der Flussweg scheint komplett versperrt zu sein. Ragnar wird zum Zeugen eines Massakers, das sein Bruder, vor den er sich einst noch schützend gestellt hatte, als ihn alle töten wollten, von der Spitze einer der Befestigungsanlagen dirigiert. Lagerthas Bodentruppen werden Opfer des sumpfähnlichen Terrains und können noch gerade so einer absolut verheerenden Niederlage entrinnen, nachdem sie von den Franken regelrecht auseinandergepflückt werden.

Each must die some day

Als Zuschauer findet man sich in Vikings eigentlich immer wieder auf der Seite der titelgebenden Nordmänner wieder, doch dieser blutige Rückschlag fühlt sich verdient an. Hervorragend von Regisseur Ken Girotti orchestriert klebt man förmlich an der Mattscheibe und verfolgt gefesselt das Grauen. Ragnar und seinen Mannen bleibt nur der Rückzug in ihr Lager, das zur gleichen Zeit ebenfalls angegriffen wird und hohe Verluste hinnehmen muss. Rollo, der um die Stärken und Taktiken der Wikinger weiß, spielt diese einfach gekonnt aus und zitiert nebenbei auch noch das nordische Kriegsgedicht, welches er einst noch an der Seite seines Bruders aufgesagt hatte.


© IMAGO

Clive Standen in %26bdquo;The Profit and the Loss%26ldquo; © History

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Clive Standen liefert dabei eine starke darstellerische Leistung ab, merkt man ihm doch immer wieder Momente des schweren Herzens an, ob dem Leid, das er den Wikinger antun lässt. Während Gisla (Morgane Polanski) fast schon frohlockt und großes Interesse an den Kriegerinnen unter den Wikingern zeigt, schreitet Rollo sehr gelassen und im Gegensatz zu Odo (Owen Roe) weitaus weniger euphorisch neben ihr entlang. Weil er weiß, dass dieser Kampf noch nicht gewonnen ist. Und vielleicht auch, weil er seine Vergangenheit als Wikinger doch noch nicht ganz vergessen hat.

Retreat

Als einzigen Wermutstropfen sehe ich hier die bereits erwähnte große Naivität der Wikinger um Ragnar an, die jedoch irgendwann ihren Tribut fordern musste. Und unter Berücksichtigung von Ragnars derzeitigem Gemütszustand ist diese Niederlage nur noch umso mehr nachzuvollziehen. Ragnar, der nach der Rückkehr in das zerstörte Lager froh sein kann, dass es seine beiden Söhne in Sicherheit geschafft haben (in Kattegat wären sie wohl doch sicherer gewesen), wirkt angesichts dieses gewaltigen Rückschlags dann äußerst hilf- und ratlos. Das ganze Ausmaß seiner Abhängigkeit und Sucht zeigt sich dann im Gespräch mit Yidu, von der er seine Medizin regelrecht einfordert. Was soll er nun tun? Seine Landsleute verlassen sich auf seine Führung und Entscheidungen. Er ordert den Rückzug flussabwärts an, doch sein ganzer Wahnsinn wird erst deutlich, als wir sehen, dass er mit einem abgetrennten Kopf spricht. Wir haben unsere Hauptfigur wohl noch nie so außer Kontrolle, machtlos und am Rande des Abgrunds gesehen. Wann kippt die Situation endgültig?

Holy men

Die Episode The Profit and the Loss zieht ihre größte Stärke ohne Zweifel aus diesem Handlungsstrang, während bei den verschiedenen Nebengeschichten die Meinungen vielleicht wieder etwas auseinandergehen werden. In Kattegat liebkost sich Harbard (Kevin Durand) erneut durch die weibliche Bevölkerung des Wikingerörtchens, während Aslaug (Alyssa Sutherland) sich zu dem geheimnisvollen Wanderer sehr hingezogen fühlt. Eine Parallelmontage zwischen dem Liebesspiel von Harbard und Aslaug sowie Floki (Gustaf Skarsgaard) und Aslaug sorgt dann für einige Fragezeichen. Floki, der zuvor noch von Ragnar vor dem Ertrinken gerettet wurde und dann um das Leben seiner Frau Helga (Maude Hirst) bangen muss, scheint selbst nicht so recht zu wissen, was ihm dieser Traum sagen soll. Und auch ich tappe im Dunkeln, wie man diese Szenen deuten kann.

Zeigt sich hier ein unterdrücktes Begehren Flokis? Wie ist das abschließende „Amen“ von Aslaug zu verstehen? Und sieht er Ragnar nun eigentlich wieder in einem gänzlich anderen Licht, nachdem dieser über seinen Groll hinausgewachsen ist und Floki trotz vorangegangener Streitigkeiten das Leben gerettet hat? Die rätselhafte Sequenz ist mir persönlich ein Stück weit zu dubios, ein reumütiger Floki am Krankenbett seiner schwer verletzten Frau hätte uns vielleicht einen besseren Einblick in das Innenleben des Schiffbauers gegeben. Für aufklärende Interpretationen dieser Szenen um Floki, Aslaug und Harbard wäre ich im Kommentarbereich aber dennoch sehr dankbar.

Chaotic neighbours

Deutlich verständlicher gestaltet sich indes das Treiben in England, wo sich der rausgeputzte Ecbert (Linus Roache) mit seiner Armee auf den Weg nach Mercia macht. Es kommt jedoch ein klein wenig anders, hat er doch ein Treffen mit dem ehemaligen Prinzen der Ländereien, die Kwenthrith (Amy Bailey) wieder unter ihre Kontrolle bringen will, arrangieren lassen. Prince Wigstan (Declan Conlon) hat genug Leid in seiner Heimat miterlebt, als sich seine eigene Familie immer wieder ans Messer lieferte und dabei gegenseitig großen Schaden zufügte. Der Glaube an Gott ist ebenfalls erloschen, weshalb er sich auf eine Pilgerreise nach Rom begeben will, nachdem er noch eine letzte Aufgabe bewältigen will: Die Absetzung des derzeitigen politischen Rats von Mercia. Doch nicht die wankelmütige Kwenthrith soll den Herrscherposten über Mercia einnehmen, sondern Ecbert höchstpersönlich, dem die Ländereien, die er ohnehin haben möchte, nun auf dem Silbertablett serviert werden.


© IMAGO

Linus Roache in %26bdquo;The Profit and the Loss%26ldquo; © History

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Für den König von Wessex ist dies natürlich ein absoluter Glücksfall. Gleichzeitig mutet das Verhalten von Wigstan doch schon ein klein wenig befremdlich an, was wohl einfach daran liegt, dass es in Vikings wahrscheinlich noch nie jemanden gegeben hat, der sich freiwillig von seinen Machtansprüchen getrennt hat. Man könnte nun davon ausgehen, dass es Ecbert extrem einfach gemacht wird und für ihn alles wie am Schnürchen verläuft. In der Tat befindet er sich im Aufwind. Läuft es vielleicht sogar ein wenig zu gut für ihn? Er steht bisher als großer Gewinner da und kann in aller Ruhe an seinem Gesamtreich England feilen. Bei aller Liebe für den machthungrigen Ecbert wäre aber vielleicht mal wieder etwas Gegenwind für dessen Ambitionen ratsam, um auch in England spannende Konflikte zu erzeugen. Denn wie das Beispiel Ragnar zeigt, ist nichts so interessant, wie ein eigentlich übermächtiger Alleinherrscher, dessen Status, Einfluss und Kontrolle zu bröckeln beginnen.

Fazit

The Profit and the Loss besticht vor allem durch den fehlgeschlagenen ersten Angriff der Wikinger auf die Franzosen, der großartig inszeniert ist und den Zuschauer von Minute eins an packt. Der logistische Aufwand ist außergewöhnlich, ebenso wie die fantastischen Produktionswerte, zum Beispiel hinsichtlich der tollen Kostüme und Ausstattung. Während man in der ersten Hälfte noch gespannt mitfiebert und Ragnar weiter bei seinem hohen Fall zusieht, wird dann ein klein wenig das Tempo aus der Folge genommen. Die Nebengeschichten schwächeln dabei etwas im Vergleich mit dem Haupthandlungsstrang. Vor allem den Vorkommnissen in Kattegat fehlt etwas der Zug zur Sache, während in England nun langsam wieder der Schwierigkeitsgrad für Ecbert erhöht werden darf. Insgesamt stellt Michael Hirst zusammen mit seiner Crew und Darstellerriege aber eine sehenswerte Vikings-Episode auf die Beine, die viele der bekannten Stärken des History-Formats stark aufleben lässt.

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Author: Brian Pierce

Last Updated: 1699132443

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Name: Brian Pierce

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